Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 15 Dez 2011

Kassel/Genf (epd). Der Weltkirchenrat steckt in der schwersten finanziellen Krise seit seiner Gründung. Angesichts stetiger Kürzungen gerate der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) in die Gefahr, nicht mehr seine Arbeit tun zu können, sagte der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein, am Mittwoch dem evangelischen Pressedienst (epd).  Hinzu komme ein Defizit in der Pensionskasse in Höhe von etwa 30 Millionen Franken (rund 24 Millionen Euro).

«Die Pensionskasse kann aus Eigenmitteln nicht mehr ins Gleichgewicht gebracht werden», sagte Hein, der auch Mitglied des ÖRK-Zentralausschusses ist. Die Deckungslücke in der Pensionskasse lag seinen Angaben zufolge Mitte des Jahres bei etwa 30 Prozent, wodurch die Altersvorsorge der Mitarbeiter grundlegend gefährdet ist.

Als Ursache des Finanzdefizits in Höhe von 30 Millionen Schweizer Franken nannte Hein vor allem Wechselkursverluste. «Die Schuldenkrise in Europa hat den Kurs des Schweizer Franken, die Leitwährung des Weltkirchenrates, in eine astronomische Höhe getrieben.» Darüber hinaus vermutet Hein aber auch Verluste, die durch eine möglicherweise riskante Anlagepolitik entstanden seien.

«Der Weltkirchenrat muss grundlegende Maßnahmen ergreifen, um bis zu 30 Millionen Franken flüssig zu machen», sagte Hein. Angesichts der Finanzprobleme erwäge der Weltkirchenrat, sich um ein Darlehen in dieser Höhe zu bemühen und dabei das Immobilienvermögen als Sicherheit zu verwenden. Es gehe jetzt darum, einen Investor für die Liegenschaften des in Genf angesiedelten Weltverbandes zu finden. «Die einzige Chance ist, das Grundstück zu versilbern», sagte der Kasseler Bischof.

Der Weltkirchenrat besitzt in Genf ein Grundstück mit 35.000 Quadratmetern, auf dem der zentrale Sitz des Verbandes steht. Nach Auffassung des ÖRK sei etwa die Überlassung des Grundstücks an einen Investor im Rahmen eines Pacht- oder Kaufvertrages möglich, der dort ein großes Tagungszentrum errichten könne, sagte Hein. Teile davon könnten zur Nutzung durch den Weltkirchenrat zurückgemietet werden. Dies habe allerdings den Abriss des bisherigen Gebäudes zur Folge.

Der Weltkirchenrat und seine Programme stehen seit Jahren unter Sparzwang. Angesichts rückläufiger Mitgliedsbeiträge kritisierte der Bischof die Zahlungsmoral der Mitgliedskirchen. «Die Überweisung der Mitgliedbeiträge vieler Mitgliedskirchen lässt zu wünschen übrig», sagte Hein. Vor allem die orthodoxen Kirchen könnten an dieser Stelle mehr tun, merkte der Bischof an. Im vergangenen Jahr lag beispielsweise der Beitrag der russisch-orthodoxen Kirche bei rund 10.600 Euro. Im Vergleich dazu überwies allein der hessen-nassauische Evangelische Regionalverband Herborn-Biedenkopf, der nicht direkt dem ÖRK angehört, rund 15.000 Schweizer Franken für die Programmarbeit.

Zugleich betonte Hein: «Die Kirchen, die Mitglied im Zentralausschuss sind, kommen ihren Zahlungsverpflichtungen nach.» Je stärker die Repräsentation und Beteiligung in den Gremien des Weltkirchenrates, desto größer sei die Bereitschaft zu zahlen. 2009 erhielt der Weltkirchenrat 5,6 Millionen Schweizer Franken an Mitgliedsbeiträgen, 2010 waren es nur noch 5,1 Millionen. Nur 230 der rund 350 Mitgliedergliedskirchen zahlten 2010 überhaupt einen Beitrag. (15.12.2011)

Linktipp:

Den Ökumenischen Rat der Kirchen finden Sie im Internet unter:

oikumene.org